NS-Opfer unter Vorbehalt. Homosexuelle Männer in Berlin nach 1945

NS-Opfer unter Vorbehalt. Homosexuelle Männer in Berlin nach 1945
Author: Andreas Pretzel
Publisher: Lit
Language: German
Pages: 360
Size: 16.3 x 23.5 cm
Weight: 650 g
Binding: -
ISBN: 9783825863906
Price: €70.00
Product Description

CONDITION - USED with a few notes and marks inside.

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« Die Hitlerei vernichtet mich erst jetzt ... »

Mit diesen Worten gab der Jurist Dr. Kurt Gudell 1952 seiner Wut und Verzweiflung Ausdruck, als Opfer der nationalsozialistischen Homosexuellenverfolgung weiterhin ausgegrenzt und abgewiesen zu werden. Nach KZ-Haft, Strafverfolgung durch die NS-Justiz, Ausbürgerung, Vermögensentzug und Emigration litt er an gesundheitlichen Schäden, war verarmt und wurde zudem gehindert, seinen Beruf auszuüben. Denn er galt als «rechtmäßig bestrafter Krimineller». Vergeblich kämpfte er um die Aufhebung des NS-Urteils. Seine Vorstrafe wiederum war Ausschlußgrund, um an den Entschädigungsleistungen für NS-Opfer teilzuhaben - ein Teufelskreis, als dessen Hauptursache die Fortgeltung des nationalsozialistischen Sonderstrafrechts gegen Homosexuelle festzustellen ist. Zu diesem Ergebnis kommt die Berliner Studie zum Schicksal verfolgter Homosexueller nach 1945.

Aufgezeigt wird die oft unterschätzte Rolle der NS-Justiz, d.h. der Rechtscharakter der Verfolgung homosexueller Männer sowie die Auswirkung auf die Lebenssituation und Nachkriegsexistenz der Betroffenen. Dargestellt wird das Scheitern der Entnazifizierung. Das NS-Sonderstrafrecht gegen Homosexuelle blieb bis 1969 geltendes Recht in der Bundesrepublik. Die Opfer des Strafrechts sahen sich auf den Sozialstatus «Vorbestraft» zurückgeworfen und wurden am Aufbau einer neuen Existenz gehindert.

Anhand von Fallstudien werden aus der Sicht der NS-Opfer ihre vergeblichen Bemühungen um strafrechtliche Rehabilitierung und Entschädigung verdeutlicht. Auch diese Abweisung erfolgte nach geltendem Recht. Für die Opfer war die Verfolgung nicht zu Ende., Geschildert wird der Kampf gegen das weitergeltende Strafrecht durch die Berliner «Gesellschaft für Reform des Sexualrechts» im Kontext der Homosexuellenbewegung der 50er Jahre. Der Aufbruch endete durch staatliche Repression. Ein Großteil der homosexuellen NS-Opfer hat die Liberalisierung der 70er Jahre nicht mehr erlebt.